Die Kriterien für ein Bleiberecht

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Hessicher Erlass: Ergebinisse aus dem Gespräch mit Vertretern des hessischen Innenministeriums und Vertretern der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, der Diakonischen Werke Hessen-Nassau und Kurhessen-Waldeck, Caritas und Hessischer Flüchtlingsrat am 23.01.2007

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Weitere Themen der Podiumsdiskussion

Probleme mit der DULDUNG Probleme mit der ARBEITSERLAUBNIS KRITERIEN für das Bleiberecht
KOOPERATION mit und unter den Behörden der ERMESSENSSPIELRAUM der Behörden ASYL oder BLEIBERECHT
Probleme mit den BEHÖRDEN ZAHLEN aus Hessen, Wetzlar und Lahn-Dill-Kreis Versprechen von Beckstein

 

 

Gesprächsnotizen zur Umsetzung der Bleiberechtsregelung in Hessen

Gespräch mit Vertretern des hessischen Innenministeriums und Vertretern der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, der Diakonischen Werke Hessen-Nassau und Kurhessen-Waldeck, Caritas und Hessischer Flüchtlingsrat am 23.01.2007

Teilnehmer :

Herr Schmäing ( HMdI ), Herr Preiss (HMdI), Frau Niebch (Diakonisches Werk Hessen-Nassau), Frau Desta (DiCV Limburg), Herr Deterding  (Diakonisches Werk Kurhessen-Waldeck), Frau Diehl (Evangelische Landeskirche Kurhessen-Waldeck), Herr Scherenberg (Hessischer Flüchtlingsrat)

Nach Umsetzung des IMK-Beschlusses vom 17.11.2006 zur Bleiberechtsregelung in Hessen durch Erlass vom 28.11.2006 gibt es zu den vielfältigsten Fallgestaltungen Fragen zur Ausle­ legung und d Anwendung des Erlasses.

Die nachfolgende Niederschrift beinhaltet die Auslegung von Fallkonstellationen, die nach Auffassung der Vertreter des hessischen Innenministeriums in der Praxis so umzusetzen ist.

Der Einfachheit halber folgt die Gliederung der Niederschrift der Gliederung des Erlasses.

 

1. Begünstigter Personenkreis, Voraussetzungen und Ausnahmen

  • In den Personenkreis, der als Familie unter die 6-Jahres- Regelung fällt, werden auch  Kinder einbezogen werden, die am Stichtag ordnungsgemäß ihre Schule abgeschlos­sen hatten oder wegen Erfüllung der Schulpflicht nicht mehr die Schule besuchen mussten. Damit sind auch Minderjährige umfasst, die zum Stichtag (17.11.2006) nicht mehr die Schule besucht haben.
  • Zum Einreisezeitpunkt  ist es ausreichend, dass ein Elternteil vor dem Stichtag einge­reis war. Eine spätere Einreise des Ehepartners und der Kinder ist dann unschädlich.Sonderfälle wie die Einreise zu den Großeltern sind im Rahmen von Härtefallentscheidungen zu klären.                                                                                        
  • Weitere Fallgestaltungen wären ggf. im Rahmen der Härtefallkommission geltend zu machen. Es ist nicht absehbar, wie die Härtefallkommission in diesen Fällen entschei­den wird.
  • Die Ehe der Betroffenen muss nach deutschem Recht gültig sein. Sollte dies nicht der Fall sein, sind die Betroffenen als Alleinerziehende anzusehen. Dies führt evtl. auch zu einer günstigeren Regelung (im Hinblick auf die Möglichkeit der Unterhaltssicherung durch öffentliche Leistungen). Diese Regelung kann aber auch dazu führen, dass ein­zelne Familienmitglieder bei Ausschlussgründen sich nicht auf Ansprüche aus Art.6 GG beziehen können.
  • Bei getrennten Paaren ist hinsichtlich des Stichtages darauf abzustellen, wann die Tren­nung erfolgt ist. Auf den Zeitpunkt der Scheidung kommt es nicht an.
  • Gibt es Unklarheiten hinsichtlich der tatsächlichen Einreise und ist diese ggf. vor dem Stichtag erfolgt, bleibt dies eine Frage der Beweiswürdigung. Die Beweislast wird bei dem Begünstigten liegen.
  • Entsprechend den Anwendungshinweisen zu Punkt 1.1. des Hessischen Erlasses ist ein illegaler Aufenthalt von bis zu drei Monaten unschädlich. Dies gilt auch für kurzfris­tige Unterbrechungen des Aufenthaltes. Im Wiederholungsfalle sollen die Zeiten der Abwesenheit addiert werden.
  • Zwischen dem Untertauchen und der daraufhin nicht durchgeführten Abschiebung darf  keine Kausalität bestehen. Wenn die Abschiebung auf Veranlassung Dritter  ab­gebrochen wurde (z.B. Flugkapitän), kann dies unter Umständen dem Betroffenen nicht zugerechnet werden.

 

2. Sicherung des Lebensunterhaltes

  • Bei Erwerbseinkommen von im Haushalt lebender erwachsener Kinder ist deren Ein­kommen auch als Einkommen der Familie mit einzuberechnen. Allerdings wird dann eine Verpflichtungserklärung für die Dauer der ersten Erteilung der Aufenthaltser­laubnis seitens dieses Kindes für die Unterhaltsgewährung an die anderen Familien­mitgeder erforderlich sein.
  • Der Bezug von Kindergeld, Bafög, Elterngeld und Erziehungsgeld ist nicht schädlich. Auch Stiftungsmittel können als Einkommen angerechnet werden.
  • Die Frage des vorübergehend ist zeitlich nicht bestimmt. Es kommt auf den Einzelfall nicht an. Denkbar ist auch ein Zeitraum von zwei Jahren (Dauer der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis). Die Höhe der öffentlichen Leistungen orientiert sich an der Höhe des jeweiligen Kindergeldsatzes.
  • Wohngeldbezug zählt als öffentliche Leistung, da dies wegen Bedürftigkeit gewährt wird. Hier müssten die Betroffenen über eine Änderung der Wohnverhältnisse eine Situationsveränderung beibringen.

 

4. Ausschlussregelung

 

  • Im Vorfeld der IMK ist über die sog. Tätige Reue diskutiert worden: Wer vor Erlass des IMK-Beschlusses (17.11.2006) seinen  Mitwirkungspflichten nachgekommen ist, obwohl dies in der Vergangenheit nicht immer der Fall war, sollte nicht von der Blei­berechtsregelung ausgeschlossen werden. Diese Überlegung hat aber in dem Be­schluss selbst keinen Niederschlag gefunden. Bei der Frage der Mitwirkungspflichten kann dieser Gedanke aber berücksichtigt werden.

  • Im Übrigen können die Ausländerbehörden im Rahmen unterschiedlicher Sichtweisen eine Wertung hinsichtlich der Ausschlussgründe vornehmen.

  • Wer nur von seinen formalen Rechten Gebrauch gemacht hat, handelt nicht vorsätz­lich im Sinne des IMK-Beschlusses (z.B. sukzessive Asylantragstellung oder wieder­holte Asylfolgeanträge). Auch wer einer freiwilligen Ausreisevereinbarung nicht nachgekommen ist, wird nicht ausgeschlossen.

  • Die Anzahl der Tagessätze sind je nach Deliktsart (ausländerrechtlich/strafrechtlich) iso­liert zu betrachten und somit zu addieren.

  • Wenn eine Ausweisung vorliegt, die z.B. aufgrund illegaler Einreise verfügt wurde, sind die Ausländerbehörden gefordert, Widerrufe  dieser Ausweisungen durchzuführen.

 

5. Antragstellung und Verlängerung

  • Die Antragsfrist läuft am 18.05.2007 ab. Die Voraussetzungen müssen  am 30.09.2007 erfüllt sein.
  • Die Passpflicht besteht grundsätzlich. Wenn zum 30.09.2007 kein Pass vorliegt, muss ggf. eine Einzelfallregelung nach den allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Bestimmun­gen erfolgen.
  • Wenn die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis lediglich an dem fehlenden Nationalpass scheitert, hat die Ausländerbehörde eine verbindliche, schriftliche Bescheinigung aus­zustellen aus der hervorgeht, dass die Aufenthaltserlaubnis bei Vorlage des Passes erteilt wird.

 

 8. Duldung gemäß § 60 a Abs.1 AufenthG

  • Die Duldung ist ohne Passvorlage zu erteilen.
  • Die Erteilung der Duldung zum Zwecke der Erwerbstätigkeitsaufnahme hat zu erfol­gen. Vor der Erteilung muss keine vollständige Prüfung aller Ausschlussgründe erfol­gen, lediglich die der Aufenthaltszeiten. Ggf. mit der Belehrung, dass damit noch nicht abschließend über die Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen der Bleiberechtsregelung positiv entschieden ist.
  • Auch nichterwerbsfähigen Personen ist die Duldung zu erteilen, um ihnen die Gelegen­heit zu geben, ihre Erwerbsunfähigkeit nachzuweisen.
  • Wenn die Ausländerbehörden die Anwendung der Bleiberechtsregelung ablehnen wollen, muss eine gesamte Prüfung aller Voraussetzungen durchgeführt werden und eine Ablehnung mit Begründung verfügt werden.